Mentale Gesundheit Wie wir entspannt unsere Leistungsfähigkeit erhalten
Phil Boorman Photography Ltd

Unser emotionales, psychisches und soziales Wohlbefinden beeinflusst, wie wir denken, fühlen und handeln. Es bestimmt, wie wir mit Stress und Druck umgehen und welche Entscheidungen wir treffen. Mentale Gesundheit ist in jeder Phase des Lebens wichtig – heute sogar wichtiger denn je! Weil wechselnde und wachsende Unsicherheiten die Ängste der Menschen schüren. Weil Anspannung und Entspannung bei den meisten längst nicht mehr in Balance sind. Weil das Leben viele Menschen erschöpft und kraftlos zurücklässt. Zeit für mehr Mental Health Awareness – für uns selbst und in der Familie, in der Führung und in den Unternehmen.

Nie zuvor hatten die meisten Menschen so viel zu verlieren wie heute! Ja, wir leben in einer Wohlstandsgesellschaft. Sind auf Wachstum ausgerichtet, persönlich wie unternehmerisch. Arbeitsstellen und Ausbildungsplätze – ausreichend vorhanden. Die Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln sind hervorragend und alle möglichen Versicherungen geben uns den Schutz, den wir für nötig halten. Doch eben jene Sicherheit, die wir lange Jahre, sogar Jahrzehnte hinweg, erlebt und geschätzt haben, wird immer häufiger in Frage gestellt.

Die Pandemie und der Krieg in Europa haben uns gezeigt, wie schnell es mit dieser vermeintlich sicheren Zukunft vorbei sein kann, wie rasch sich unsere ach so tollen Aussichten und positiven Zukunftschancen von einem Tag auf den anderen in Luft auflösen. Unsichere Lieferketten und mangelnde Warenbestände haben das Leben vieler beeinflusst – sowohl beruflich als auch privat. Ganze Branchen, betrachten wir beispielsweise den Bau, waren davon wirtschaftlich massiv betroffen – ebenso die Mitarbeitenden. Allerdings auch viele Häuslebauer, deren Kosten von heute auf morgen explodierten und damit die Finanzierung – und da haben wir es wieder, das Wort – unsicher machten.

Steigende Energiepreise taten ihres dazu, dass Unternehmen wie Privatpersonen oft nicht wussten, wie es weitergehen soll. Das verursacht Stress und Angst. Allein die inneren Bilder, von dem, was alles passieren könnte, rauben Menschen den Schlaf. Unsere psychische Gesundheit leidet massiv. Und mit ihr unsere Leistungsfähigkeit, unser Vertrauen, unsere Lebensfreude. All das brauchen wir jedoch, um eben jenen Herausforderungen unserer Zeit mental stark entgegentreten und zuversichtlich in die Zukunft blicken zu können. Nur dann nehmen wir persönlich die täglichen kleinen, unvermeidbaren Hürden und Hindernisse mit Bravour und meistern gemeinsam die größeren Probleme unserer Zeit. Dann sind wir in unserem Job leistungsfähig und haben im Privaten eine hohe Lebensqualität.

Wir brauchen also jetzt und weiterhin jede Menge Energie und Achtsamkeit, um die mentale Gesundheit nicht aus dem Blick zu verlieren und täglich dafür einzustehen – zum Selbstzweck und für alle anderen.

Zwischen „sich zusammenreißen“ und „zusammenbrechen“ ist ein schmaler Grad

Laut Prognose der WHO werden Depressionen, nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Diabetes, im Jahr 2030 an erster Stelle der Volkskrankheiten stehen. Das Robert Koch-Institut (RKI) hat im Januar 2022 einen Schwerpunktbericht über die psychische Gesundheit der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland veröffentlicht. Der Fokus liegt auf Depression und kognitiver Leistungsfähigkeit. Der Bericht zeigt auf, „dass mehr als jeder siebte Erwachsene mindestens einmal im Laufe seines bisherigen Lebens die diagnostischen Kriterien für eine Depression erfüllt hat, innerhalb eines Jahres sind es 7,1 % der Bevölkerung. […] Die Rentenzugänge wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aufgrund von Depressionen haben seit Beginn der 2000er Jahre erheblich zugenommen und Krankenkassenstatistiken zeigen einen markanten Anstieg an Depressionsdiagnosen in der Versorgung auf.“ Zusammenfassend lässt sich sagen: „Aufgrund ihrer weiten Verbreitung in der Bevölkerung haben insbesondere Depressionen, Angststörungen, Suchterkrankungen und Demenzerkrankungen große Public Health-Relevanz.“ Umgekehrt kommt der Bericht zu dem Schluss, dass die „psychische Gesundheit eine wesentliche Voraussetzung von Lebensqualität, Leistungsfähigkeit und sozialer Teilhabe ist.“[1]

Hard Facts:

  1. Psychische Krankheiten sind kein Tabu mehr, trotzdem sind wir von einem offenen Umgang mit dem Thema noch weit entfernt.
  2. Ob Erfolg, Lebensfreude, -qualität, Leichtigkeit, Glück oder Mental Health – all das gelingt nur, wenn wir selbst etwas dazu beitragen, uns auf den Weg machen, über alle Täler und Gipfel hinweg.

Das Spektrum zwischen mentaler Gesundheit und psychischer Erkrankung ist weit gefasst. Menschen empfinden Situationen sehr unterschiedlich. Während der eine resilient ist, also eine hohe psychische Widerstandsfähigkeit besitzt, machen dem anderen Krisen punktuell und zeitlich begrenzt ebenfalls zu schaffen – aber er „reißt sich zusammen“ in der Hoffnung, dass alles vorübergeht, wenn er seinen Teil dazu beiträgt. D.h. er glaubt zumindest noch an seine Selbstbestimmtheit und Selbstwirksamkeit. Andere schaffen das nicht mehr und „brechen zusammen“, erhalten vielleicht bei vermeintlich gleicher Belastung die dauerhafte Diagnose einer schweren psychischen Erkrankung.

Gerade letztere kümmern sich erst um ihre Gesundheit, wenn sie krank sind, so wie das viele Menschen tun, ob körperlich oder psychisch. Das hat Auswirkungen. Und erfordert die Initiative von uns allen. Sich selbst und andere zu fragen: „Wie geht es mir/dir?“, „Was brauche ich/brauchst du?“, „Wann, wo und wie stoße ich/stößt du an meine/deine Grenzen?“, vor allem aber immer wieder „Was kann ich selbst tun?“ sind wichtige Schritte auf dem Weg zur mentalen Gesundheit.

Wirkungsvolles Selbstmanagement und eine hoffnungsvolle Perspektive

Für unsere mentale Gesundheit ist es essenziell, eine langfristige Sicht auf das, was möglich ist, zu pflegen – also eine hoffnungsvolle Perspektive einzunehmen. Wohlwissen, dass es keine Garantie für Glückseligkeit gibt. Wir müssen lernen, zu akzeptieren, dass das Leben uns allen etwas abverlangen kann, das größer ist als bisher bekannte Herausforderungen. Bedrohungen können jederzeit existentiell sein – für jeden von uns. Politische, wirtschaftliche und globale Veränderungen nehmen auf persönliche Befindlichkeiten keine Rücksicht. Aber das persönliche Befinden lässt sich sehr wohl durch entsprechendes Selbstmanagement steuern. Wir sind von der Nachrichtenlage mental belastet, aber wir können etwas tun, um diese Belastung zu reduzieren. Während wir uns ohnmächtig angesichts mancher Entwicklungen fühlen, haben wir Macht über unsere mentale Stärke. Drei Tipps unterstützen dabei:

  1. Helfen Sie und lassen Sie sich helfen

Reflektieren Sie über Ihre persönliche Rolle: Welche Ressourcen, Stärken und Fähigkeiten können Ihnen – und anderen – jetzt helfen? Plötzlich fühlen wir uns nützlich, gebraucht, gesehen, ernten Dankbarkeit. Ins Handeln kommen bedeutet gleichzeitig, der Ohnmacht den Rücken zu kehren. Und scheuen Sie sich nicht, selbst Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn Sie sich verloren und überfordert fühlen. Um Hilfe zu bitten, ist keine Schande, sondern ein Akt verantwortungsvoller Selbstfürsorge!

  1. Erinnern Sie sich an gute Wendungen

Das Wissen aus vergangenen Erfahrungen, dass nicht alles so bedrohlich bleibt, wie es gerade scheint, spendet uns Selbstvertrauen und Zuversicht. Machen Sie sich bewusst, dass es viele gewichtige Gründe gibt, gemeinsam mit anderen an Lösungen zu arbeiten, auf politischer wie auf anderen Ebenen. Das Interesse an tragfähigen Lösungen ist in allen Bereichen groß.

  1. Kultivieren Sie Ihren inneren Frieden

Innehalten im Trubel der Hiobsbotschaften ist ein probates Mittel, um sich vom Sog der negativen Nachrichten nicht mitreißen zu lassen. Dosieren Sie den Nachrichtenkonsum und nehmen Sie sich täglich Zeit, Kraft und Energie zu schöpfen. Den inneren Frieden zu fördern, heißt zum äußeren Frieden beizutragen.

Lassen Sie uns gemeinsam die Hoffnung hochhalten! Wenn wir alle einen Beitrag dazu leisten, hoffnungsvoller in die Zukunft zu schauen und uns verantwortungsvoll zeigen, dann machen wir diese Welt zu einem besseren Ort. Schon Immanuel Kant wusste: „Drei Dinge helfen, die Mühseligkeit des Lebens zu tragen: Die Hoffnung, der Schlaf und das Lachen.“

Unser Mindset, unser Verhalten und unsere Beziehungen bzw. sozialen Kontakte definieren die Qualität unserer mentalen Gesundheit. Ein guter Grund, sorgsam auf unsere Gedanken, unser Tun und unsere Beziehungen zu achten. Auch deshalb, weil unser mentales Wohlbefinden unsere körperliche Leistungsfähigkeit beeinflusst. Nur wer zugleich körperlich kraftvoll ist und sich psychisch wohlfühlt, kann sein Leben erfolgreich und glücklich bewältigen und seinem Auftrag gegenüber der Gemeinschaft – familiär und beruflich – nachkommen. Mentale Gesundheit geht uns alle an! Sprechen wir also offen darüber, was uns belastet, und haben für andere ein offenes Ohr. Empathie, Mitgefühl und bewertungsfreie Wahrnehmung helfen dabei, zusammen mental gesund zu werden und zu bleiben.

[1] http://www.rki.de/erkennenbewertenhandeln

Buchtipp:

Antje Heimsoeth: Mentale Gesundheit: Wie wir entspannt unsere Leistungsfähigkeit erhalten, 144 Seiten, 11,50 Euro

Über die Autorin:

Antje HeimsoethAntje Heimsoeth ist eine der bekanntesten Business- und Mental-Coaches im deutschsprachigen Raum. Sie ist „Deutschlands renommierteste Motivations-trainerin“ (FOCUS), „Vortragsrednerin des Jahres 2014“ und 2021 und Expertin für die Themen mentale und emotionale Stärke, Mentale Gesundheit, Stressmanagement & Resilienz, Positive Leadership und Selbstführung. Ihr Know-how beruht auf Praxiserfahrungen, die durch wissenschaftliche Impulse stets untermauert werden. Mit ihren Büchern und Vorträgen hat Sie über 850.000 Menschen erreicht. 2019 wurde sie zum Senat der Wirtschaft berufen.

Werbung

Was ist Ihre Meinung? Schreiben Sie einen Kommentar:

Please enter your comment!
Please enter your name here