„Die Stimme ist ein zweites Gesicht.“ schrieb der französische Autor Gérard Bauer. Kennen Sie die Situation, in denen die Stimme Ihres Gegenübers nicht zum Gesicht passt? Wenn Sie den Sprecher nicht ernst nehmen können? Als Führungskraft sind Sie besonders auf den Einklang von Stimme und Mimik angewiesen. Lob, Kritik, Anweisungen oder Motivationsversuche: Erfahren Sie, wie sich Ihre Stimme Respekt verschafft und wirklich das ausdrückt, was Sie inhaltlich zu sagen haben.

Obwohl die Hierarchie eindeutig ist und keine Führungsversäumnisse vorliegen, kämpft manch einer aus der Führungsetage mit Disziplinproblemen. Ein Extrembeispiel: Wer sein Team zurechtweisen muss und ein ernstes Gesicht macht, seine Kritik aber mit sich überschlagender Fistelstimme vorbringt, wird nur wenig bewegen. Stimme und Mimik müssen synchron funktionieren, damit Aussagen wie beabsichtigt beim Empfänger ankommen.

Menschliche Wertschätzung als Schlüssel zum anderen

Emotional Erlebtes wird im Gehirn dauerhafter gespeichert als rational Gelerntes. Wenn Sie in Ihrer Führungstätigkeit also maximale Wirksamkeit anstreben, sollten Sie im Gespräch immer auf eine Beziehung auf Augenhöhe setzen. Denn für alle Führungsgespräche gilt: Wertschätzung first!

Ihre Position verlangt, dass Ihre Stimme gehört wird. Beachten Sie, dass Ihre Mitarbeiter jede Sekunde mit elf Millionen Informationsreizen bombardiert werden. Von ihnen können maximal 40 tatsächlich bewusst verarbeitet werden.

Survival of the fittest: Wie Reize um die Vorherrschaft kämpfen

Ihre Reize haben in diesem Informations-wirrwarr einen schwereren Stand. Sie haben zwar hierarchiebedingt die Aufmerksamkeit bei sich. Wenn es Ihnen aber nicht gelingt, Ihre Zuhörer auch stimmlich zu fesseln, driften diese ab. Manches wird nur halb, anderes gar nicht mehr wahrgenommen.

Auf den Klang der Stimme haben nicht nur Stimmmodulation und Körperhaltung Auswirkungen, sondern es spielen auch mentale Faktoren eine Rolle. So, wie Sie den anderen wahrnehmen, klingt auch Ihre Stimme. Und dessen Stimme hat auch wieder eine andere Modulation, je nachdem, wie er sich wahrgenommen fühlt.

Stimmtipp Nr. 1: Mentale Vorbereitung

Ihre Stimme transportiert Ihre Gefühle nach außen und Ihr Gesprächspartner spürt, wie Sie zu ihm stehen. Machen Sie sich, gerade bei kritischen Themen, bewusst, warum Sie den anderen als Mensch schätzen:

  • Was ist Ihnen am Verhandlungspartner bisher positiv aufgefallen?
  • Was spricht Sie an ihm an?
  • Wofür schätzen Sie Ihr Team, auch wenn Sie es gleich zur Ordnung rufen müssen?
  • Welche Stärken hat Ihr Mitarbeiter? Welche Leistungen hat er erbracht – trotz der nötigen Kritik?
  • Was haben Sie mit Ihrem Vorstand gemeinsam? Worüber haben Sie gemeinsam gelacht?

Wenn Sie das Gespräch achtsam beginnen, wird man das nicht nur aus Ihren Worten hören und an Ihrem Gesicht ablesen, sondern auch in Ihrer Stimme wahrnehmen. Sie werden ein homogenes Bild abgeben, die Grundlage für jedes Vertrauen. Menschen schätzen es, wenn Sie ihnen aufrichtig und konsensgerichtet begegnen.

Nun bereiten Sie Ihre Stimme vor. Mit der mentalen und körperlichen Vorbereitung finden Sie den richtigen Weg ins Gespräch.

  • Überprüfen Sie Ihre Einstellung: Wollen Sie wirklich ein persönliches Gespräch führen?
  • Sind Sie offen, Ihren Gesprächspartner so anzunehmen, wie er ist?
  • Wie sitzen oder stehen Sie gerade? Fühlen Sie sich in Ihrer Position bereit für das Gespräch?
  • Nicken Sie sich nun selbst zu und quittieren Sie die Ergebnisse Ihrer Vorbereitung mit einem hörbaren „mmmhh!“ Achten Sie dabei auf den angenehmen Klang Ihrer Stimme. Sie befinden sich nun in Ihrem sogenannten Eigenton, der auch im Ohr Ihres Gesprächspartners gut klingt. So können Sie später im Gespräch leicht an diesen Wohlklang anknüpfen.

Im Gespräch selbst hat sich der folgende Drei-Schritt als besonders wirksam erwiesen:

  1. Beginnen Sie das Gespräch auf der Beziehungsebene durch einen persönlichen Ton, ohne oberflächlich zu wirken: „Herzlich willkommen, schön, dass Sie da sind. Sind Sie gut hergekommen?“
  2. Klären Sie dann die Inhalte. Hier darf die Stimme etwas sachlicher klingen. Vermeiden Sie einen zu schroffen Tonfall, einen Überredungston und jede Form akustischer Nötigung.
  3. Kehren Sie am Ende wieder zum persönlichen Ton zurück. Bedanken Sie sich für das konstruktive Gespräch. So können Sie später wieder an die gute Beziehung anknüpfen.

Stimmtipp Nr. 2: Volle Stimmkraft aus dem Zwerchfell

Sie wollen sicher auftreten, eine gesunde Beziehungsebene verkörpern und klare Ansagen machen. Durch aktiven und bewussten Einsatz des Zwerchfells bekommt Ihre Stimme Kraft und Volumen:

Wenn Sie stehen, stehen Sie dynamisch federnd, straffen Sie Ihren Nacken und entspannen Sie Ihre Schultern. Bleiben Sie beweglich und verkrampfen Sie nicht. So aktivieren Sie Ihr Zwerchfell maximal. Eine volle Stimme und die Luftzirkulation im Körper stehen in direktem Zusammenhang.

Wenn Sie sitzen, sitzen Sie nicht „bequem“. Lehnen Sie sich nicht an und versinken Sie nicht im Sessel. Rücken Sie nach vorne zum Rand des Möbelstücks und richten Sie sich auf. Halten Sie Ihre Füße gerade und stabil am Boden. Bleiben Sie dennoch entspannt in der Lendenwirbelsäule. Körperlich demonstrieren Sie so Ihre Expertise, stimmlich erreichen Sie den runden Klang, der nicht am Kopf der Zuhörer halt macht, sondern auch emotional zu ihnen durchdringt.

Wildern Sie Ihre Hände aus. Verknoten Sie sie nicht miteinander. Wenn Sie Ihre Finger fest verschränken, berauben Sie sich Ihrer Dynamik – zunächst körperlich. Aber Ihre Stimme spiegelt jede Verkrampfung Ihres Körpers wieder. Sie lässt jede Störung des inneren Energieflusses hören.

Stimmtipp 3: Die Besprechung „rocken“ 

Egal ob Sie im Meeting sitzen oder vor einer großen Gruppe sprechen müssen: Ihre Stimme soll den Raum füllen. Nutzen Sie dafür den 3-D-Effekt Ihrer Stimme. Vermeiden Sie es, mit Ihrem Blick ausschließlich an bestimmten Zuhörern zu kleben. Damit verengen Sie den Trichter, in dem Ihre Stimme wirkt.

Helfen Sie sich mit einem optischen Trick, ähnlich dem Weitwinkel in der Fotografie. Versuchen Sie, Ihre Nachbarn in den Augenwinkeln zu haben, und nehmen den Raum als Ganzes ins Visier. Sprechen Sie laut und deutlich in Ihren Wahrnehmungsraum und lockern Sie diskret Ihre Gesichtsmuskeln bevor Sie das Wort ergreifen.

Bevor Sie loslegen, fühlen Sie in sich hinein. Spüren Sie Ihre körperliche Präsenz und Ihre Verbindung mit dem Boden, auf dem Ihre Füße stehen. Entspannen Sie Ihre Schultern und werden Sie ruhig. Dann erst erheben Sie Ihre Stimme, und Sie werden nicht nur hören, sondern auch sehen, wie sehr diese den Raum erfüllt.

Stimmtipp 4: Konflikte vermeiden, Standpunkte fixieren

Suchen Sie den Schulterschluss, wenn sich ein Konflikt abzeichnet. Indem Sie sich leicht zur Seite drehen, gehen Sie sich körperlich aus der Konfrontation und bieten weniger Angriffsfläche. Betonen Sie durch bestätigende Laute, dass Sie noch „ganz da“ sind. Wenn Sie sich abgrenzen oder einen unverbrüchlichen Standpunkt vertreten müssen, werden Sie „frontal“. Spüren Sie Ihre Mitte und setzen ein vierfaches Stoppsignal: durch Körperhaltung und Gesichtsausdruck, eine Stopp-Geste mit der Hand und eine klare und bestimmte Stimme.

Mit Ihrer Stimme prägen Sie Ihr Image und wirken homogen und integer. Sie verbalisieren einen klaren Willen und beeindrucken so mit Eindeutigkeit und Festigkeit.

Über den Autor:

Arno FischbacherArno Fischbacher ist Wirtschafts-Stimmcoach, Speaker, Trainer und Autor. Er ist der Experte für die unbewusste Macht der Stimme in Kundenservice, Führung und Vertrieb und bereitet Führungskräfte und Mitarbeiter der Top-Unternehmen in Deutschland und Österreich in seinen Seminaren und Vorträgen auf Gespräche, Präsentationen und Medienauftritte vor. Arno Fischbacher ist amtierender Präsident des Chapter Österreich der German Speakers Association.

Weitere Informationen über Arno Fischbacher

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