Bereichsübergreifend den Vertrieb puschen

Der Vertrieb hat für den betriebswirtschaftlichen Erfolg unserer Organisation eine hohe Bedeutung. Dieses Bewusstsein muss in einem Unternehmen bereichsübergreifend existieren, denn nur dann erhält der Vertrieb die nötige Unterstützung.

Viele Vertriebsmitarbeiter erachten sich selbst und ihre Arbeit in ihrem Unternehmen als nicht ausreichend gewürdigt. Teilweise zu Recht! Denn kaum erreicht ein Unternehmen seine Umsatz- und Ertragsziele nicht, werden in ihm meist Stimmen laut: Unser Vertrieb muss neu strukturiert werden. Und die Verkaufs- bzw. Vertriebsleiter? Sie sind meist die ersten Entscheider, die ihre Koffer packen müssen, wenn es im Gebälk eines Unternehmens knistert oder bereits brennt. Dabei können Zielabweichungen beim Umsatz und Ertrag zahlreiche Ursachen haben – auch gesellschaftliche und volkswirtschaftliche. Das haben die zurückliegenden Jahre nachdrücklich gezeigt.

Umgekehrt denken noch viele Vertriebsmitarbeiter: Wir sind das Herzstück unseres Unternehmens, den wir verkaufen dessen Produkte und Dienstleistungen und sorgen dafür, dass die Kasse stimmt. Ohne Vertrieb wäre unser Unternehmen wie ein Fahrzeug ohne Treibstoff. Es hätte zwar die Möglichkeit, sich zu bewegen, doch ohne die nötige Energie würde es seine Ziele nie erreichen.

Vertriebsmitarbeiter sind die Brücke zum Kunden

Ein solches bereichsbezogenes Denken, bei dem jeder glaubt „Wir sind die Besten bzw. Wichtigsten“ lähmt jedes Unternehmen. Also gilt es dieses zu überwinden. Stattdessen muss sich in den Unternehmen das Bewusstsein etablieren, dass der Erfolg letztlich stets das Ergebnis einer bereichs- und funktionsübergreifenden Teamarbeit ist, bei der jeder seinen Beitrag zur Zielerreichung leistet.

Dessen ungeachtet sind die Vertriebsmitarbeiter jedoch zumeist das Gesicht des Unternehmens im Markt. Sie bilden sozusagen die Brücke zwischen dem Unternehmen und seinen Kunden, indem sie unter anderem

  • die (potenziellen) Zielkunden mit einem hohen Umsatzpotenzial identifizieren und kontaktieren,
  • deren Bedarf und Bedürfnisse erkunden und verstehen,
  • ihnen passgenaue Problemlösungen zum Erreichen ihrer Ziele offerieren und
  • sie davon überzeugen, dass sich die betreffende Investition für sie lohnt, weil diese die Bedingungen a, b und c erfüllt.

Vertriebsmitarbeiter haben viele herausfordernde Aufgaben

Entsprechend vielschichtig und komplex sind die Aufgaben der Vertriebsmitarbeiter. Sie umfassen unter anderem:

  1. Kundenakquise: Neue Kunden identifizieren und gewinnen sowie den Kundenstamm erweitern.
  2. Beziehungsmanagement: Die bestehenden Kundenbeziehungen pflegen und ausbauen.
  3. Bedarfs- und Bedürfnisanalyse: Die rationalen Anforderungen und emotionalen Bedürfnisse der Kunden ermitteln und analysieren sowie ihnen passende Lösungen anbieten.
  4. Verhandlungsführung: Die Konditionen und Verträge ertrags- und zielorientiert verhandeln.
  5. Marktbeobachtung: Den Markt und die Wettbewerber im Blick behalten und auf Veränderungen angemessen reagieren.
  6. Zielerreichung: Die Umsatz-/Absatzziele sowie Ertragsziele erreichen und den betriebswirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens sichern.

Deshalb ist das Leben der Vertriebler oft nicht so „schön“, wie von außen betrachtet häufig vermutet wird, denn sie sind im Arbeitsalltag meist mit folgenden Herausforderungen konfrontiert:

  • Hoher Leistungsdruck: Die Vertriebsmitarbeiter stehen unter einem hohen Druck, die ihnen vorgegebenen Umsatz- und Ertragsziele zu erreichen – auch in wirtschaftlich eher schlechten Zeiten.
  • Ablehnung und Rückschläge: Sie stoßen bei den Zielkunden oft auf geschlossene Türen und müssen deren Nein (vorläufig) akzeptieren; sie dürfen sich hierdurch aber nicht beim Erreichen ihrer Ziele entmutigen lassen.
  • Reiseaufwand: Sie sind häufig (alleine) unterwegs und verbringen ihre Freizeit nicht selten fern von zuhause (obwohl sich diese Ist-Situation durch den verstärkten Einsatz der modernen Informations- und Kommunikationstechnik auch im Vertrieb partiell verbessert hat).
  • Anpassungsfähigkeit: Sie müssen ihre Taktik, ihr Verhalten, ihre Argumentation usw. regelmäßig den sich (gefühlt) permanent ändernden Marktbedingungen und Kundenbedürfnissen anpassen.

Gefragt sind kommunikative, zielstrebige Marktbearbeiter

Deshalb ist auch nicht jeder Leistungs- oder Know-how-Träger in den Unternehmen für den Einsatz im Vertrieb geeignet, denn gute, das heißt auch passionierte Vertriebsmitarbeiter verfügen auch über folgende persönliche Eigenschaften:

  • Kommunikationsfähigkeit: exzellente Fähigkeiten im Aufbau und Pflegen von Kontakten/Beziehungen zu anderen Menschen
  • Überzeugungskraft: die Fähigkeit, andere Personen zu überzeugen und zu begeistern
  • Empathie: Einfühlungsvermögen, um die Bedürfnisse der Kunden zu verstehen und Vertrauen aufzubauen
  • Zielorientierung: starke Ausrichtung und klare Fokussierung auf das Erreichen der Ziele
  • Resilienz: die Fähigkeit, Rückschläge zu verkraften und daraus zu lernen.

Gerade in schwierigen Zeiten ist es wichtig, dass die Vertriebsmitarbeiter und die Mitarbeiter der anderen Fachbereiche eines Unternehmens an selben Strang ziehen und sich nicht durch Grabenkämpfe wechselseitig lähmen, weil in ihnen die Zielkunden speziell bei ihren Investitionsentscheidungen meist extrem zögerlich sind. Entsprechend viel Überzeugungsarbeit und vertrauensbildende Arbeit muss geleistet werden, damit diese irgendwann voller Überzeugung sagen „Ja, das will ich haben“.

Firmeninterne Grabenkämpfe, die in der Regel das Resultat eines mangelnden Teamgeists sind, sind bei beim Erreichen dieses Ziels hinderlich. Die Einzigen, die hiervon profitieren, sind die Wettbewerber, die sich nicht intern kabbeln, sondern stattdessen zum Beispiel mit Hilfe eines Selling-Plans, den Markt bzw. ihre Zielkunden bearbeiten – also mit einem handfesten Vertriebs-Umsetzungs-Plan statt zahlengespickten Umsatz-Plan, der den Vertriebsmitarbeitern konkret aufzeigt, wem das Unternehmen was wie warum verkaufen möchte.
Ein solcher Plan ist ein hervorragendes Instrument, um im Unternehmen bereichsübergreifend alle anderen Funktionsbereiche für das gemeinsame Unternehmensziel mit ins Boot zu holen, sodass letztlich alle an einem Strang in die dieselbe Richtung ziehen.

Die Struktur eines Selling-Plans

Ein Selling-Plan hat folgende grundsätzliche Struktur, die stets den Erfordernissen der jeweiligen Vertriebsorganisation angepasst werden muss:

  1. Planungsbrief der Geschäftsleitung: Einleitende Vorgaben und Erwartungen der Geschäftsführung.
  2. Analyse der bisherigen Vertriebsentwicklung und der künftigen Potenziale und Chancen: Bewertung der bisherigen Vertriebsergebnisse und Identifikation zukünftiger Umsatz-Potenziale und Auftrags-Chancen.
  3. Hieraus abgeleitete Ziele und Maßnahmen (strukturiert nach Balanced Scorecard): Festlegung konkreter Ziele und Maßnahmen, die mit messbaren Meilensteinen hinterlegt sind, unter Berücksichtigung folgender Perspektiven:
  • Betriebswirtschaftliche Ziele (z.B.: Erhöhung des Jahresumsatzes von 10 Millionen Euro um 20 Prozent auf 12 Millionen Euro innerhalb von zwei Jahren; Maßnahme: 1,5 Millionen Euro Mehrumsatz durch die Einführung neuer Produkte und 0,5 Millionen Euro Mehrumsatz durch forcierten Verkauf von Dienstleistungen),
  • Markt-/Kunden-Ziele (z.B.: Steigern der Gewinnmarge um 5 Prozent innerhalb eines Jahres; Maßnahme: Optimierung der Kostenstruktur durch Verbesserung der Vertriebs-Prozesse und konsequentere Konditionen-Verhandlungen mit Key-Accounts),
  • Personalziele (z.B.: Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit um 15 Prozent innerhalb eines Jahres; Maßnahme: Einführung regelmäßiger Jour Fixes zwecks Update und Feedback zwischen den Teammitgliedern und Führungskräften; individuelles Coaching bei Bedarf).
  1. Zielkunden-Pläne: Erarbeiten detaillierter (Handlungs-)Strategien und Vorgehensweisen für das Gewinnen oder Ausbauen wichtiger, namentlich benannter Zielkunden.
  2. Vertriebs-Cockpits mit den KPIs: Entwicklung eines Dashboards mit den wichtigsten Leistungskennzahlen zur vorausschauenden Steuerung und zeitnahen Optimierung des Vertriebs; also nicht nur Ergebnis-Kennziffern (wie Umsatz und Deckungsbeitrag) sondern vor allem auch Prozess-Kennziffern (wie Lead-Generierung, Hitraten im Angebotsmanagement und Cross Selling Rate)
  3. Ausblick auf die strategischen Hauptaktivitäten für die nächsten drei Jahre:
    Langfristige Planung der Hauptaktivitäten und Initiativen zur Sicherung des künftigen Erfolgs.

Fazit:

Generell gilt: Der Vertrieb spielt in jedem Unternehmen eine essenzielle Rolle. Seine Mitarbeiter tragen maßgeblich zum Unternehmenserfolg bei und leisten eine Arbeit, die herausfordernd und vielschichtig ist. Ihre Fähigkeit, Beziehungen zu knüpfen und auszubauen sowie Geschäfte abzuschließen, ist ein zentraler Schlüssel für das Wachstum und den Erfolg ihres Unternehmens. Deshalb ist es wichtig, dass die Führungskräfte im Vertrieb mit ihren Mitarbeitern konkrete Selling-Pläne erarbeiten, die ihnen aufzeigen, wie sie die angestrebten Vertriebsziele erreichen können, damit sie im Arbeitsalltag die nötige Orientierung haben und der Erfolg nicht zufallsabhängig, sondern steuerbar ist, denn: „Excel-Friedhöfe“ sind für Vertriebsteams weder motivierend noch inspirierend.

Über den Autor:

Keller, RichardRichard Keller arbeitet als Senior-Berater für die Management- und Vertriebsberatung Peter Schreiber & Partner, Ilsfeld. Er blickt auf über drei Jahrzehnte Erfahrung im Management und in der Unternehmensführung von Unternehmen in den Bereichen Maschinenbau und Produktionstechnik zurück. Vor seiner Beratertätigkeit war er zuletzt Prokurist in der Geschäftsleitung eines der größten deutschen Maschinenbauers.

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