Die Investitionsrisiken bei Change-Projekten senken

Veränderungsvorhaben sind Investitionen – betriebswirtschaftlich betrachtet. Das heißt: Sie müssen sich für das Unternehmen rechnen; außerdem sind sie mit Investitionsrisiken verbunden. Deshalb ist  ein professionelles Change-Management nötig.

Change-Maßnahmen in Unternehmen müssen sich rechnen; ansonsten erfüllen sie als Investitionen ihren Zweck nicht. Hierfür muss das Richtige zur richtigen Zeit auf die richtige Art und Weise getan werden.

Eine Risikoanalyse ist unverzichtbar

Ein professionelles Management von Projekten setzt unter anderem eine  Risikoanalyse voraus. In der Regel werden die Risiken

  • nach der Wahrscheinlichkeit und den betriebswirtschaftlichen Folgen ihres Eintretens bewertet und danach
  • gegebenenfalls Präventivmaßnahmen ergriffen.

In der Praxis beschränkt sich diese Betrachtung oft auf die operativen Risiken struktureller Natur. Kulturelle Faktoren hingegen – wie zum Beispiel Akzeptanzprobleme – werden meist vernachlässigt, obwohl sie einen großen Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg von Change-Projekten haben.

Werden Veränderungsprozesse schlecht begleitet, gehen die Verantwortlichen folgende Risiken ein:

  • Ressourcen bleiben ungenutzt,
  • die nötige Veränderungsenergie wird nicht erzeugt oder erlahmt im Prozessverlauf,
  • Risiken, aus denen Probleme werden könnten, werden nicht rechtzeitig erkannt,
  • Führungskräfte und Mitarbeiter tragen den angestrebten Wandel nur formal mit und
  • Schlüsselpersonen kündigen (innerlich), weil sie sich mit den angestrebten Zielen nicht identifizieren und als Verlierer des Prozesses empfinden.

Auch die kulturellen Implikationen beachten

Die Folgen sind gravierend: Zum einen treten die geplanten positiven Effekte der Veränderung entweder verspätet ein oder sie bleiben aus, zum anderen verursachen die mangelnde Identifikation mit dem Projekt Reibungsverluste und Zusatzkosten. Diese können ein Projekt sogar existenziell gefährden.

Werden Veränderungsprozesse professionell begleitet, verlaufen sie effizienter und die gesammelten Erfahrungen wirken in der Organisation nach. Das heißt, alle Beteiligten und Betroffenen wissen, welche Art von Unterstützung sie in welchen Situationen benötigen, und jedem ist klar,

  • welche Change-Maßnahmen in seinem Bereich oder Team wann was bewirken und
  • wie er den Projekterfolg (mit-)beeinflussen kann.

Mit anderen Worten: Gut begleitete Change-Projekte bergen weniger Risiken als Veränderungsvorhaben, die Unternehmen einfach „laufen lassen“. Je professioneller ein Veränderungsprozess gesteuert wird, desto geringer ist das Investitionsrisiko der einzelnen Change-Maßnahmen.

Die verschiedenen Projekt-Typen

Veränderungen wirken stets mehrdimensional. Deshalb ist das Ausmaß der Veränderung auf den verschiedenen Ebenen von Projekt zu Projekt und selbst innerhalb der Phasen eines Projekts verschieden. Das erschwert ein Messen des Change-Erfolgs. Die Erfahrung zeigt jedoch: Es ist möglich,

  • Projekte nach dem Ausmaß der durch sie verursachten strukturellen und kulturellen Veränderungen zu klassifizieren,
  • die damit verbundenen Risiken zu identifizieren und
  • hieraus passende Change-Maßnahmen abzuleiten.

Hierfür ist eine Einteilung der Projekte in Routineprojekte, Innovationsprojekte, Akzeptanzprojekte und Wandelprojekte sinnvoll.

Routineprojekte: Hierbei handelt es sich um Maßnahmen wie zum Beispiel Vertriebsprojekte oder Verkaufskampagnen. Sie haben zwar den Charakter von Projekten im Sinne von zeitlicher Begrenzung und bereichsübergreifender Beteiligung, doch sie verändern die strukturellen oder kulturellen Grundlagen der Organisation nur punktuell. Typisch für Routineprojekte sind Review-Workshops zum Abschluss, die einerseits auf eine strukturelle Optimierung des Prozesses (Standardisierung) und andererseits auf eine Professionalisierung der Zusammenarbeit (Feedback-Kultur) und damit eine Reduzierung der kulturellen Risiken abzielen.

Innovationsprojekte: Sie dienen in der Regel der Weiterentwicklung oder Erneuerung von organisatorischen oder technischen Strukturen innerhalb der bestehenden strategischen Ausrichtung (beispielsweise die Einführung eines Expertensystems zur Unterstützung der Qualitätssicherung). Bei solchen Projekten liegt der Fokus der Begleitung meist auf dem Herstellen der sachlichen Handlungskompetenz der Betroffenen (Schulungen, Trainings). Wenn hierbei aber beispielsweise die beteiligten Multiplikatoren lernen, den Widerstand gegen die Veränderung als typisches Verhaltensmuster der Betroffenen zu verstehen und angemessen damit umzugehen, reduziert dies das Risiko von Friktionen, die aus Frust entstehen.

Akzeptanzprojekte: Ihr Gestaltungsschwerpunkt liegt auf der kulturellen Ebene und ihr Erfolg manifestiert sich als echte Verhaltensänderung der Betroffenen – zum Beispiel, indem das eingeführte Zielvereinbarungs- und Leistungsbeurteilungssystem als verbindlicher struktureller Rahmen für einen fairen Dialog zwischen Führungskräften und Mitarbeitern verstanden und genutzt wird. Bei solchen Projekten sind Maßnahmen wichtig, die frühzeitig Klarheit schaffen, permanent Rückkopplungsmöglichkeiten aus der Organisation ermöglichen und geeignet sind, einflussreiche Verbündete als Multiplikatoren zu gewinnen.

Wandelprojekte: So bezeichnet man tief greifende Veränderungsprozesse mit spürbaren Auswirkungen auf allen Ebenen, wie sie zum Beispiel bei Fusionen oder grundlegenden strategischen Neuausrichtungen eines Unternehmens auftreten. Hier geht es nicht selten um existenzielle Fragen auf allen Ebenen. Für den Fundus an Change-Maßnahmen bedeutet dies, dass im Hinblick auf die Gestaltung des Veränderungsprozesses eine hohe Komplexität zu erwarten ist. Das muss sich bereits in der Besetzung der Projektleitung niederschlagen. Benötigt wird ein erfahrener Change-Manager, der sich aller Facetten seiner Aufgabe bewusst ist.

Oft verändert sich der Charakter eines Projekts

Die obige Klassifizierung von Projekten erleichtert eine integrierte Sicht auf die strukturellen und kulturellen Risiken – unabhängig davon, ob ein Veränderungsprozess in seinem Verlauf die Merkmale eines Projekttyps beibehält oder sich sein Charakter im Laufe der einzelnen Phasen verändert. Letzteres ist oft der Fall. So kann ein Projekt als Innovationsvorhaben beginnen und in seinem Verlauf deutliche Züge eines Akzeptanzprojekts annehmen, weil das Implementieren einer neuen technischen Infrastruktur zu einer Veränderung der Arbeitsteilung führt, die eine Reorganisation erfordert. Oder eine Vertriebsoffensive, die den Charakter eines Standardprojekts hat, wird zum Wandelprojekt, weil sie auch einen neuen Vertriebskanal erschließen und die Zusammenarbeit zwischen Innen- und Außendienst intensivieren soll.

Deshalb ist es wichtig, in den einzelnen Phasen des Wandels eine integrierte Sicht auf die Risiken zu behalten; zudem alle Maßnahmen unter Rentabilitätsaspekten regelmäßig zu überprüfen, um diese bei Bedarf anzupassen.

Über die Autor:

Georg KrausDr. Georg Kraus ist geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal. Er ist Lehrbeauftragter an der Universität Karlsruhe, der IAE in Aix-en-provence, der St. Gallener Business-School und der technischen Universität Clausthal sowie Autor mehrerer Change- und Projekt-Management-Handbücher.

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